Medienfiguren in Kinderzeichnungen
Von Sarah Müllner, Lara Zach, Lara Feiert, Carina Wedlich, Svenja Steinhauser
Im Sommersemester 2018 haben wir uns mit Kinderzeichnungen auseinandergesetzt, in denen Kinder auf Medienfiguren und Medieninhalte verweisen. Ausgehend von der Annahme, dass Mediengeschichten Kindern symbolisches Material liefern, das sie in (Rollen-)Spielen, aber auch in Bildern nutzen, um sich Wahrnehmungen von Welt zu vergegenwärtigen, haben wir unterschiedliche Bildanalyseverfahren ausprobiert. Wir wollten herausfinden, ob es darüber möglich ist, sich Themen von Kindern bzw. ihren Auseinandersetzungen mit Welt anzunähern.
Ausprobiert haben wir ein Verfahren von Norbert Neuß, ein Verfahren von Gabriele Wopfner und Bildanalyseideen von Armin Krenz. Analysiert haben wir Kinderzeichnungen, die in Kitas entstanden sind, in denen wir zum Zeitpunkt des Seminars gearbeitet bzw. Praktika abolviert haben, aber auch Zeichnungen aus unserer eigenen Kindheit, die wir auf unseren Dachböden und in alten Sammelmappen wiederentdeckt haben.
Mit unserem Seminarbericht wollen wir darstellen, wie wir mit den verschiedenen Methoden umgegangen sind, und welche Schlüsse wir daraus für uns gezogen haben.
Auswertungsmethoden nach Norbert Neuß & Gabriele Wopfner
Ausgehend von Norbert Neuß führten wir nach, aber auch während des Zeichenprozesses mit Kindern Gespräche zu ihren Bildern. Wir haben versucht diese Gespräche möglichst offen zu gestalten, also die Kinder sehr offen danach zu fragen, was sie da gerade malen bzw. gemalt haben. Nach Neuß ist es wichtig, den Kindern keine Antworten in den Mund zu legen – also keine Suggestivfragen zu stellen, damit wir keine Interpretation eines Bildes vorwegnehmen, bevor wir die Stimme des Kinde dazu überhaupt wahrgenommen haben.
Gabriele Wopfner betont in ihrem Analyseverfahren weniger das Gespräch. Sie konzentriert sich vielmehr auf die Choreographie, den Bildaufbau bzw. die Komposition des Bildes. Sie übernimmt hierfür Analyseschritte von Ralf Bohnsack, der mit der von ihm entwickelten Dokumentarischen Methode vor allem Fotografien analysiert hat. Wopfner versucht Bohnsacks Analyseschritte auf Zeichnungen von Kindern und Jugendlichen anzuwenden und weiterzuentwickeln, um sich dem dokumentarischen Sinn der Bilder annähern zu können. So sucht sie, um sich die Choreographie eines Bildes erschließen zu können, nach einzelnen Bildelementen, die sich aufgrund ihrer Größe, Formen oder Farben zu Gruppen zusammenführen lassen. Über tatsächliche und imaginäre Linien versucht sie zu erschließen, welche Elemente auf einer Ebene liegen, bzw. wie sie zueinander positioniert wurden. Bedeutsam ist zudem, was sich in der tatsächlichen, aber auch optischen Mitte des Bildes befindet. Wir haben in ein Bild, das ein Kind zu dem Mobile Game Clash Royale im Rahmen der Bachelorarbeit von Shauna Buchholz gemalt hat, Linien und Kresie eingezeichnet, um die Suche nach verknüpfbaren Bildelementen zu visualisieren. (siehe Abb. 1)
Abb. 1: Beispiel für zusammenhängende Linien und Gruppierungen nach Wopfner in einer Zeichnung zu Clash Royale, © Shauna Buchholz
Eine große Herausforderung war für uns Bildmaterial aus der Praxis zu sammeln. So haben wir festgestellt, dass es sehr schwierig ist, einen Raum zu öffnen, in dem Kinder freiwillig etwas zu dem Thema malen, das wir uns vorstellen. Tatsächlich ist es aber auch gar nicht notwendig, Kinder explizit dazu aufzufordern zu Medienerlebnissen zu zeichnen, weil sie dies von sich aus tun. Dies konnten wir vor allem mit Blick auf Kinderzeichnungen aus unserer eigenen Kindheit feststellen, die – wie wir nicht immer auf den ersten Blick, aber nach längerem Betrachten feststellten – sehr häufig Medienbezüge aufweisen. Dabei wird selten eine vollständige Mediengeschichte wiedergegeben, sondern symbolisches Material aus unterschiedlichen Erlebniszusammenhängen zusammengeführt.
Auswertungsmethode nach Armin Krenz
An unseren eigenen Zeichnungen probierten wir die Methode von Armin Krenz aus: Anders als Neuß und Wopfner arbeitet er mit einem Raster, das er aus seinen eigenen Studien und zahlreichen Kinderzeichnungen, die er interpretiert hat, entwickelt hat. Dabei wurde für uns schnell deutlich, dass die Zuordnungen von Krenz sehr generalisierend sind.
Was nehmen wir für uns mit?
Schon im Laufe des Semesters wurde uns klar, dass die meisten Zeichnungen/Bilder eine Bedeutung für Kinder haben, und dass sie in diesen wohl eigene Themen/Erlebnisse bearbeiten oder aufgreifen bzw. ordnen und für sich reflektieren. Ausgehend von den verschiedenen Analysemethoden, die wir ausprobiert haben, haben wir versucht ein Verfahren für unseren pädagogischen Alltag zu entwickeln.
Vor allem nehmen wir aber mit, dass Kinderzeichnungen mehr wertgeschätzt werden sollten. Dies geschieht nicht über Bewertungen wie Ach, das sieht aber schön aus, sondern indem Kindern zunächst einmal überhaupt der Raum gegeben wird, das zu zeichnen, was sie zeichnen wollen, aber auch ein Raum geöffnet wird, in dem Kinder von und über ihre Bilder erzählen können, ohne dass wir diese Erzählungen durch unsere Bewertungen unterbinden oder durch Suggestivfragen unsere eigenen Deutungen in den Vordergrund stellen.