Ausbildung, Studium oder beides?

R. ist 25 Jahre alt und hat ihre Ausbildung zur Erzieherin an der Fritz Ruoff Schule in Nürtingen absolviert und anschließend an der Hochschule in Esslingen Kindheitspädagogik studiert. Seit dem Frühjahr 2017 ist sie fertig mit dem Studium und arbeitet seitdem als stellvertretende Leitung einer Kindertagesstätte.

Ich würde die Ausbildung und das Studium als sehr ähnlich beschreiben. In der Ausbildung konnte man mehr Praxiserfahrung sammeln – das praktische Arbeiten wird hier vorausgesetzt. Man lernt „in der Kita“. Im Studium wurde die Praxis deutlich weniger angeleitet, man hatte weniger Vorgaben. Dafür ist das Studium aber natürlich auch deutlich vertiefter – also viel mehr Theorie auf einem höheren Niveau. Und man hat zudem andere Themen intensiver behandelt bzw. auch Themen behandelt, die in der Ausbildung gar nicht vorkamen. Beispielsweise das Seminar im Bereich Management fand ich sehr hilfreich. Wir haben aber auch gelernt, wie man Krisengespräche führt und einen Leitfaden dazu erhalten. Es wurden generell mehr Schwerpunkte gesetzt, z.B. auch in der Zusammenarbeit mit Eltern. Ich fand beides sehr wichtig – also sowohl die Ausbildung, als auch das Studium! Mir hat beides Spaß gemacht, und ich würde es wieder so machen.

Auch C. ist 25 Jahre alt. Sie hat ihre ErzieherInnenausbildung an der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik in Stuttgart-Botnang absolviert. Statt des anschließenden Berufspraktikums hat sie direkt mit dem Studium der Kindheitspädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg begonnen und studiert nun im vierten Semester.

Ich würde sagen, dass sich die Inhalte der Ausbildung und des Studiums sehr ähneln. Vor allem im ersten Semester war für mich nichts Neues dabei. Allerdings wurden einige Begriffe wie beispielsweise Ko-Konstruktion in der Vorlesung nur kurz angesprochen und nicht genauer erläutert. D.h. man muss sich sehr vieles selbst erarbeiten. In der Ausbildung haben wir solche Themen (wie beispielsweise Ko-Konstruktion) sehr ausführlich und fast zwei Wochen lang behandelt. Ich habe sehr viel aus der Ausbildung mitgenommen.

Da wir auch einige Praktika im Studium absolviert haben, kann ich gar nicht sagen, dass der Praxisanteil in der Ausbildung so viel höher war. Allerdings wurden die Praxisphasen während der Ausbildung viel mehr begleitet. Man musste Angebote planen und durchführen, bekam Besuche von der Dozentin und wurde anschließend beurteilt. Letzteres fällt im Studium beispielsweise komplett weg.

Während des Praxissemesters habe ich ein Forschungsprojekt durchgeführt und gelernt, mit welchen Mitteln man forscht. Der Bereich der Forschung war für mich Neuland. Hierzu lernt man nichts in der Ausbildung. Die Ausbildung ist deutlich praktischer ausgelegt – man lernt, pädagogische Angebote zu planen und durchzuführen, wie man Elterngespräche führt etc. Das sind für mich Dinge, die im Studium fehlen. Allerdings belegt man im Studium Seminare im Bereich Recht oder in anderen Bildungsbereichen, die deutlich intensiver und tiefergehender behandelt werden als in der Ausbildung.

Im letzten Semester wird zudem ein Seminar im Bereich Management stattfinden – darauf bin ich sehr gespannt. Möchte man z.B. eine Kita leiten, ist dies sicherlich sehr sinnvoll. So ein Seminar gab es in der Ausbildung nicht. Einer der wesentlichen Unterschiede ist auch, dass man im Studium einige wissenschaftliche Texte liest – die Texte in der Ausbildung waren kürzer und einfacher gehalten. Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich froh bin, beides gemacht zu haben. Es ergänzt sich alles in allem doch ganz gut und beide Ausbildungen vermitteln einem wichtige und teils unterschiedliche Inhalte!

S. ist 24 Jahre und hat sich 2013 für die Ausbildung zu Erzieherin an einer Fachschule für Sozialpädagogik entschieden. Da sie bereits das Abitur gemacht hatte, konnte sie im Unterkurs, also im zweiten Jahr der Ausbildung, quer einsteigen. Nach einem Jahr beschloss sie dann im Oberkurs der Fachschule ein vertiefendes Seminar zu besuchen, das auf ein anschließendes Studium vorbereitet.

Im letzten Ausbildungsjahr, das sogenannte Berufspraktikum, war ich lediglich vier Tage die Woche in einer Tageseinrichtung für Kinder und ein Tag die Woche in Ludwigsburg an der Pädagogischen Hochschule, um hier das integrierte Studienmodell der Frühkindlichen Bildung und Erziehung fortzuführen. Ich führte diesen Weg durch, da es mir ermöglicht in 4 ½ Jahren eine abgeschlossene Ausbildung plus einen Bachelor in der Frühen Bildung zu erlangen. Nun bin ich mitten im frühkindlichen Vollzeitstudium. Und durchaus machen sich starke Unterschiede zwischen der Ausbildung und dem Studium bemerkbar.

Während der Ausbildung hatte man einen vorstrukturieren Stundenplan, welchen man zu belegen hatte. Es waren unterschiedliche Themen und Bildungsbereiche, welche man in der Ausbildung vermittelt bekam. Man konnte sich zum Beispiel einen Schwerpunkt zu den Bildungsbereichen Medien-, Theater- oder Erlebnispädagogik setzen. Außerdem war die Ausbildung meiner Meinung nach so gestaltet, dass man sehr viele Selbstbildungsprozesse erlebte. Der Mensch war sehr wichtig und es ging darum, sich selbst zu entwickeln. Seine eigene pädagogische Haltung und Position in der frühen Bildung zu finden. Es wurde an Themen sehr intensiv gearbeitet und darauf geachtet, dass die Theorie mit der Praxis verzahnt wurde. Im Studium hingegen erlebe ich dies ganz anders.

Es ist alles anonym. Theoretisch ist es möglich Bildungsbereiche und Themenschwerpunkte zu wählen, in denen man sein Wissen vertiefen möchte. Da ich aber im integrierten Modell studiere, ist dies nicht möglich. Es geht hauptsächlich darum, so viele Seminare wie möglich zu belegen, so dass man in 1 ½ Jahren fertig ist. Somit belegt man Fächer wie beispielsweise Mathe, wo man sein Wissen eigentlich gar nicht vertiefen wollte. Außerdem ist das Studium sehr stark auf die Theorie ausgerichtet. Nur sehr wenig Impulse oder Verbindungen werden zur Praxis hergestellt.

Ich bin deshalb sehr dankbar, dass ich am Ende dieser 4 ½ Jahre – oder vielleicht auch länger – sagen kann, dass ich beides gemacht habe. Ich denke nämlich, jemand der das nur studiert hat, wird in der Praxis untergehen. Die Inhalte und die Theorie, welche einem im Studium vermittelt werden, sind unglaublich wertvoll, aber die Praxisverzahnung fehlt total. Es wird teilweise ein Ideal vermittelt, was in der Praxis gar nicht vorherrscht.

Nichtsdestotrotz finde ich es unheimlich wichtig, dass aufgrund des Studiums die Frühkindliche Bildung aufgewertet wird. Es wird Zeit, dass das Bild von der Kaffee trinkenden Erzieherin aus den Köpfen der Menschen verschwindet. Es wird Zeit, dass in diesem Bereich Menschen arbeiten, die die Kinder in ihrer Entwicklung begleiten und unterstützen möchten. Ich möchte nicht sagen, dass das Menschen, die nur die Ausbildung haben, nicht machen. Ich möchte damit nur sagen, dass es wichtig ist auch mal über seinen Schatten zu springen. Bildungs- und Lerngeschichten zu schreiben, Portfolio-Arbeit zu leisten, Impulse zu setzen, sich mit den Kindern auf den Weg zu machen, wissenschaftlich an Alltagsproblemen der Kinder arbeiten, sich in der Frühkindlichen Bildung auszukennen und auch Sachen zu hinterfragen und wissenschaftliche Texte zu lesen; nicht stehen bleiben und nur auf das zurückgreifen, was man schon immer so gemacht hat. Wir sollten uns in diesem Bereich immer weiterentwickeln und mit der Forschung gehen. Außerdem ist die Akademisierung wichtig, um einen Anschluss an die internationale Entwicklung zu erlangen. In anderen Ländern ist ein Studium schon sehr lange Voraussetzung. Es ist wichtig, dass Erzieher nicht mehr unter den Lehrern stehen. Denn sie leisten tolle Arbeit, wenn sie ihr erworbenes Wissen in ihre Arbeit einbringen.

Für mich persönlich war die Ausbildung aber trotzdem mehr wert. Ich habe viel mehr für die Praxis gelernt. Wenn man nach dem Studium im Kindergarten arbeiten möchte, würde ich jedem eher die Ausbildung empfehlen. Man hat hier die Möglichkeit Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Im Studium konnte ich dies nur an sehr wenigen Punkten erleben. Abschließend möchte ich aber festhalten, dass dies meine subjektive Sicht ist. Es kann durchaus sein, dass ich das Vollzeitstudium der Frühkindlichen Bildung und Erziehung oder das Studium an einer anderen Hochschule mit anderen Rahmenbedingungen ganz anders erlebt hätte.

N. ist 24 Jahre und Studentin des integrierten Studienmodells an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Sie hat bereits während des Anerkennungsjahrs ihrer Ausbildung zur Erziehung mit dem Studium in Teilzeit begonnen und nicht grundständig studiert.

Ein wesentlicher Unterschied ist, dass es sich bei der Ausbildung um eine schulische Ausbildung handelt, und ich Schulferien, einen festen Stundenplan sowie regelmäßige Klausuren in den einzelnen Handlungsfeldern hatte. Die Abschlussprüfung des schulischen Teils war das Schreiben einer Facharbeit mit Präsentation und Kolloquium, eine schriftliche und eine mündliche Prüfung. Im Anerkennungsjahr hatte ich zwei Praxisbesuche meiner Begleitdozentin (mit Benotung), die Durchführung eines didaktischen Projektes mit einer schriftlichen Ausarbeitung sowie ein Kolloquium.

Im Studium wähle ich selbst, welche Veranstaltungen ich in welchem Semester belegen möchte, wobei ich mich am Modulhandbuch und dem Studienverlaufsplan orientieren kann. Ein Nachteil ist, dass es einige Seminare gibt, an denen nur 30 Studenten teilnehmen können, und ich so nicht immer in alle Seminare, die ich gerne belegen möchte, in einem Semester reinkomme. Auch an der Hochschule gibt es in den einzelnen Seminaren meistens einen Leistungsnachweis (z.B. Präsentation, E-Learning-Aufgabe), der für das Bestehen des Seminars erforderlich ist. Um ein Modul abzuschließen, gibt es Modulprüfungen (z.B. Hausarbeit, Klausur, mündliche Prüfung), die benotet werden.

In der Fachschule hatte ich meine feste Klasse mit ca. 30 Studierenden und einem Klassenlehrer, wobei ich eine schöne Klassengemeinschaft erlebt habe. Jedoch lernt man im Studium auch schnell neue Leute kennen.

Einige der Studieninhalte sind ungefähr mit denen der Ausbildung vergleichbar. Das integrierte Studienmodell finde gut, da ich hier die Möglichkeit habe (als Abiturientin) die Ausbildung und das Studium in insgesamt 4,5 Jahren zu machen, jedoch ist dies zum Teil stressig, da es Semester gibt, in denen ich 5 Modulprüfungen ablegen sollte, und man für sich selbst entscheiden muss, welche Prüfungen man in welchem Semester ablegen kann (da man hierzu jeweils die erforderlichen Veranstaltungen belegt haben muss) und möchte. Dementsprechend muss man sich auch für die jeweiligen Veranstaltungen eintragen.

Allgemein habe ich die Ausbildung zur Erzieherin als sehr gute Grundausbildung für die Arbeit in pädagogischen Arbeitsfeldern erlebt. Ob und welche Vorteile ich durch das Studium zur Kindheitspädagogin (und meine Doppelqualifikation) für mein zukünftiges Berufsleben haben werde, wird sich für mich noch zeigen, wenn ich dieses abgeschlossen habe.

S. ist 25 Jahre und hat nach ihrem Fachabitur eigentlich im grafischen Bereich arbeiten wollen. Doch dann hat sie sich kurzfristig umentschieden und wollte in Esslingen Soziale Arbeit studieren. Das hat leider nicht geklappt. Durch Zufall wurde einige Monate später eine Stelle für ein halbes Freiwilliges Soziales Jahr ausgeschrieben. Das hat sie bis zu ihrem Ausbildungsbeginn zur Erzieherin absolviert. Die Ausbildung hat sie an der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik angefangen, mit der Aussicht parallel zum Anerkennungsjahr in Ludwigsburg Frühkindliche Bildung und Erziehung zu studieren.

Aufgefallen ist mir bis jetzt, dass es viele Parallelen, aber auch viele Unterschiede zwischen dem Studium und der Ausbildung gibt. Ein großer Unterschied ist das „An-die-Hand-Nehmen“: Während der Ausbildung gab es viel Struktur und Vorgaben von außen, an denen man sich orientieren konnte bzw. musste. Dies ist im Studium völlig anders. Während der Ausbildung gab es einen festen, vorgegebenen Stundenplan mit festgelegten Unterrichtsfächern, Lehrern und Lerneinheiten. Im Studium kann sich jeder seinen Stundenplan selber gestalten. Auch die Inhalte der Seminare sind zum Teil frei wählbar. Klausuren oder Leistungsnachweise fanden während der Schulzeit in regelmäßigen Abständen (meist vor den Ferien) statt. Im Studium werden alle Leistungsnachweise am Ende des Semesters abgelegt. Allerdings muss nicht überall im Anschluss direkt eine Prüfung stattfinden. Dies kann man ebenfalls zum Teil frei wählen.

Ein weiterer Unterschied zwischen der Ausbildung und dem Studium ist der Klassenverbund. Während der Ausbildung hat man eine feste Anzahl an Mitschülern, mit denen man alle Unterrichtsfächer gemeinsam besucht. Im Studium ist das oftmals anders. Das liegt beispielsweise an den Teilnahmebeschränkungen der Seminare. Das bedeutet, dass nicht jeder Student unbedingt in dem Seminar einen Platz bekommt, in dem er möchte. Ebenfalls können an dem Seminar mehrere Semester teilnehmen, da es keinen festen Lehrplan, sondern nur einen variablen Studienverlaufsplan gibt.

Die größte Gemeinsamkeit zwischen dem Studium und der Ausbildung habe ich in den ersten drei Semestern bemerkt. In den vorgesehenen Seminaren und Vorlesungen habe ich viele thematische Wiederholungen erkannt. Auch im folgenden Semester hat mir die Theorie von der Erzieherausbildung geholfen.

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